Ist überabzählbar-unendlich mehr als abzählbar-unendlich?

Wolfgang G. Gasser


Original der Diskussion:  "unendliche Mengen", " Schachmatt der Ueberabzaehlbarkeit"


"Ist überabzählbar-unendlich mehr als abzählbar-unendlich?" – 2001-07-24

 Holger Gollan:

> 1) Ist die Anzahl der natürlichen Zahlen mit endlich vielen Stellen
>    endlich oder nicht?


Wenn man die Bedeutung von "endlich" ernst nimmt, d.h. "endlich" im
Sinne von "begrenzt von einer maximalen Stellenanzahl" interpretiert,
dann muss auch die Anzahl der natürlichen Zahlen begrenzt sein.

Dieter Jungmann hat dies mit vielen z.T. sehr eleganten Beispielen
belegt. Ich war am Anfang auch überrascht, aber es scheint mir
inzwischen ein kaum zu bezweifelndes Faktum zu sein, dass die Anzahl
der natürlichen Zahlen nicht grösser sein kann, als die Anzahl
Striche der grössten Zahl in Strich-Notation.

  (
| )
  (
|, || )
  (
|, ||, ||| )
  (
|, ||, |||, |||| )
  ...

Obige Frage 1) lässt sich nur dann mit ja beantworten, wenn man
"endlich viele Stellen" mit dem unausgesprochenen Zusatz "aber
unbegrenzt" interpretiert.

> 2) Kann ich nicht die Menge all dieser Zahlen bilden?

Nein, das ist genauso denkunmöglich wie die Vorstellung einer
Kugel, die eine unendliche (echte) Gerade umschliesst.

Auch hier halte ich Dieters Unterscheidung zwischen ENDLICHEN
MENGEN und UNBEGRENZTEN MENGENFOLGEN für sehr sinnvoll.

Die Potenzmenge z.B. kann nur von Mengen gebildet werden, deren
Glieder allesamt (aktual) gegeben sind. Von der Potenzmenge der
natürlichen Zahlen zu sprechen, ist somit (streng genommen)
unsinnig.

> 3) Ist diese Menge eine endliche Menge oder nicht?

Unbegrenzte Mengenfolgen wie die natürlichen Zahlen können
höchstens als potentiell unendliche aber keinesfalls als aktual
unendliche Mengen bezeichnet werden.

> 4) Wieso sollen bei dieser Mengenbildung auf einmal neue Zahlen
>    auftauchen?


Zahlen mit (aktual) unendlich vielen Stellen sind eine logische
Konsequenz der postulierten (aktualen) Unendlichkeit der Anzahl
der natürlichen Zahlen. Ich vermute, dass in deiner Frage mit "neue
Zahlen" genau diese aktual-unendlichen Zahlen gemeint sind.

> 5) Gibt es mit dieser Menge auch Widersprüche in der traditionellen
>    Mengenlehre?


Dieters Diskussionbeiträge sind voll davon. Hier einer, der
mir besonders interessant erscheint (ob der allerding zur
"traditionellen Mengenlehre" gehört, weiss ich nicht):

Es gilt/gelten:

 - Rationale Zahlen |Q als  abzählbar unendlich
 - Reelle Zahlen |R  als  überabzählbar unendlich
 - Überabzählbar unendlich als mehr als abzählbar unendlich

Andererseits gilt auch:

 - Zwischen zwei beliebigen nicht-identischen reellen Zahlen
   gibt es abzählbar unendlich viele rationale Zahlen.
 - Zwischen zwei beliebigen nicht-identischen rationalen Zahlen
   gibt es überabzählbar unendlich viele reelle Zahlen.

Daraus folgt eindeutig, dass weder die Anzahl (Mächtigkeit) der
reellen Zahlen grösser als die Anzahl der rationalen sein kann,
noch die Anzahl der rationalen Zahlen grösser als die der reellen.

Anders ausgedrückt: Wenn es überabzählbar viele reelle Zahlen gibt,
dann gibt es auch überabzählbar viele sich nicht überschneidende
Intervalle. Überabzählbar viele sich nicht überschneidende
Intervalle mit je mindestens einer rationalen Zahl ergeben
überabzählbar viele rationale Zahlen.

Meine Sicht:

  "Dass jede zufällige reelle Zahl eine endlose Zehnerbruch-
  entwicklung aufweist, ist ein synthetisches Urteil apriori.
  Und wenn schon einzelne Zahlen nicht bezeichnet werden können,
  ist die Frage nach der Aufzählbarkeit aller reellen Zahlen
  sinnlos." Physik und Erkenntnistheorie

 


"Ist überabzählbar-unendlich mehr als abzählbar-unendlich?" – 2001-07-26

[ Ich halte die Fragen zur Begründung der Zahlen und zur Unendlichkeit
für eminent philosophische, und hoffe, dass mir diejenigen, die diese
Diskussion auf de.sci.mathematik beschränkt sehen möchten, mir das
nicht übelnehmen. ]


Martin Spoden:

> Mir langt eine Reihe: 
O I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I ...
>
> Die Stellung des "I"s gibt mir dann die Zahl. Symbole kann ich
> also dadurch generieren, dass ich irgendwo draufzeige.

Wunderschönes Beispiel: 1 Null, gefolgt von 27 Strichen und danach
von 3 Punkten.

Aber inwiefern du durch "draufzeigen" das Symbol mit 100 Strichen
(d.h. die ganze Zahl 100) generierst, ist mir schleierhaft. Es ist
doch genau umgekehrt: Zuerst musst du diese (wenn interpretiert)
potentiell unendliche Reihe mindestens bis zu 100 Strichen aktual
verlängern, und erst dann kannst du auf das Symbol 100 zeigen.

Und apriori sehe ich keinen Grund, warum man dein Beispiel nur als
(potentiell) unendliche Reihe, nicht aber auch als Darstellung
einer (potentiell) unendlichen Zahl interpretieren darf.

> "Unendlichkeit" bedeutet also nichts weiter, als eins weiter zählen
> zu können.


Unendlich bedeutet "ohne Ende". Und etwas, das nie aufhört, darf
nicht als Ganzes gegeben oder gar begrenzt angesehen werden
(z.B. von transfiniten Zahlen). Das ist der entscheidende Punkt.

Holger Gollan:

>>> 1) Ist die Anzahl der natürlichen Zahlen mit endlich vielen Stellen
>>>    endlich oder nicht?


>> Obige Frage 1) lässt sich nur dann mit ja beantworten, wenn man
>> "endlich viele Stellen" mit dem unausgesprochenen Zusatz "aber
>> unbegrenzt" interpretiert.

> Genau so war sie gemeint. Alles andere wurde hinein interpretiert.

Dann haben wir also die Unterscheidung:

 - endlich begrenzt (von einer oberen Schranke)
 - endlich unbegrenzt

> Warum soll ich mir über diesen Zusatz Gedanken machen?

Vielleicht wegen der Zweideutigkeit des Begriffes "endlich". Dass
eine unbegrenzte Endlichkeit potentielle Unendlichkeit impliziert,
scheint mir klar.

>> Die Potenzmenge z.B. kann nur von Mengen gebildet werden, deren
>> Glieder allesamt (aktual) gegeben sind. Von der Potenzmenge der
>> natürlichen Zahlen zu sprechen, ist somit (streng genommen)
>> unsinnig.
>
> Du wirst mir sicherlich verzeihen, dass ich hier anderer Meinung bin.
> Ich habe zumindest kein Problem damit, auch die Potenzmenge solcher
> Mengen zu betrachten, in denen ich nicht alle Elemente (aktual)
> hinschreiben kann.


Zur Potenzmenge der natürlichen Zahlen gehört als Element auch die
Menge mit folgender Konstruktionsvorschrift: Man entscheidet per
Münzwurf, welche Zahlen zur Menge gehören. Man startet diesen
Entscheidungsprozess mit der Zahl 1 und wendet ihn danach immer
auf den Nachfolger der vorigen Zahl an. Da dieser Prozess unmöglich
zu einem Ende kommen kann, ist die so definierte Menge nie fertig
somit auch nicht gegeben.

Dasselbe Problem gibt es auch beim Diagonalprinzip, mit dem Cantor
zeigte, dass es zu jeder abzählbaren Menge M reeller Zahlen eine
weitere reelle Zahl gibt, die nicht in M enthalten ist. Es ist
nämlich unmöglich, auch nur eine einzige irrationale Zahl in
Cantors Liste zu schreiben, da man ohne Ende weitere Ziffern
hinzufügen müsste.

Der wesentliche Unterschied, der der Unterscheidung von "abzählbar
unendlich" und "überabzählbar unendlich" zugrunde liegt, ist die
Benennbarkeit oder Nicht-Benennbarkeit aller Elemente. Ich
kritisiere den Begriff "überabzählbar" nur insofern er "mehr als
unendlich" suggeriert. Obwohl gilt

- eine Bijektion zwischen den ganzen Zahlen und allen Punkten auf
  der idealisierten Zahlengeraden ist nicht möglich
- eine Bijektion zwischen den ganzen Zahlen und einer Teilmenge
  der Punkte auf der Zahlengeraden ist möglich

halte ich den Schluss, dass die Unendlichkeit aller Punkte auf der
Zahlengeraden irgendwie grösser als die Unendlichkeit der ganzen
Zahlen sein soll, für verfehlt. Denn dann müsste die Unendlichkeit
der ganzen Zahlen ein Ende haben, hinter dem sich eine grössere
Unendlichkeit befinden könnte.

Horst Krämer:

>> Anders ausgedrückt: Wenn es überabzählbar viele reelle Zahlen gibt,
>> dann gibt es auch überabzählbar viele sich nicht überschneidende
>> Intervalle.
>
> Nein. Es gibt nachweislich keine überabzählbare Menge von sich nicht
> überschneidenden Intervallen, die aus mehr als einem einzigen Punkt
> bestehen.


Ein aus einem einzigen Punkt bestehendes Intervall ist eine logische
Unmöglichkeit, denn Intervalle sind 1-dimensional und werden von
zwei 0-dimensionalen Punkten begrenzt. Ein Intervall setzt sich
somit genausowenig aus Punkten zusammen wie ein 3-dimensionaler
Körper aus 2-dimensionalen Ebenen.

Für zwei Punkte gibt es nur zwei Möglichkeiten: entweder sie
fallen zusammen, oder sie sind durch ein Intervall getrennt. Oder
ist irgendjemand in der Lage, wenigstens ein einziges Paar zweier
benachbarter (aber unterscheidbarer) Punkte zu benennen oder zu
beschreiben, die nicht durch ein Intervall getrennt sind?

Wenn es also 'unbenennbar' unendlich viele reelle Zahlen gibt, dann
folgt als logische Konsequenz die Existenz 'unbenennbar' unendlich
vieler Intervalle, in denen sich wiederum je 'benennbar' (und somit
abzählbar) unendlich viele rationale Zahlen befinden.

Ein Widerspruch entsteht erst aus der Annahme, die Unendlichkeit
der nicht vollständig benennbaren Punkte (d.h. der reellen
Zahlen) sei grösser als die Unendlichkeit der benennbaren Punkte
(d.h. der rationalen Zahlen).

 


"Ist überabzählbar-unendlich mehr als abzählbar-unendlich?" – 2001-07-28

Horst Krämer:

>> Ein aus einem einzigen Punkt bestehendes Intervall ist eine logische
>> Unmöglichkeit, denn Intervalle sind 1-dimensional und werden von
>> zwei 0-dimensionalen Punkten begrenzt. Ein Intervall setzt sich
>> somit genausowenig aus Punkten zusammen wie ein 3-dimensionaler
>> Körper aus 2-dimensionalen Ebenen.
>
> Bitte? Hier tritt nirgends ein so komplizierter Begriff wie
> "Dimension" auf. Ein "Intervall" innerhalb der reellen Zahlen ist
> per Definitionem ein Menge von Punkten und dafür halte ich die
> umgangssprachliche Metapher "setzt sich aus Punkten zusammen"

> durchaus angemessen.

Mich interessieren reelle Zahlen nur insofern sie einen Bezug zu
einer Anschauung haben und für die Realität (z.B. Vermessung,
Buchhaltung, Physik) relevant sind. Die idealisierte Zahlengerade
ist die Basis der reellen Zahlen, und jede "axiomatische Begründung"
von "reellen Zahlen", die zu Widersprüchen mit dieser Basis führt,
ist sowieso unhaltbar.

Ob wir den Begriff "Dimension" für kompliziert erachten oder nicht,
ändert nichts daran, dass die Zahlengerade ein 1-dimensionales
Kontinuum darstellt. Strecken bzw. (echte) Intervalle sind dann
auch 1-dimensional, während Punkte 0-dimensional sind (d.h. Punkte
haben keine Ausdehnung).

Sofern man nicht bestreitet, dass Punkte ausdehnungslos sind, gilt
auch immer, dass man durch Vereinigung von Punkten niemals ein
(echtes) Intervall erzeugen kann. Der Glaube, Intervalle würden sich
aus Punkten zusammensetzen, beruht auf einer Kategorienvermengung.

>> Wenn es also 'unbenennbar' unendlich viele reelle Zahlen gibt,
>
> Wir sprechen von "überabzahlbar unendlich".


Ich habe "überabzählbar" nur deshalb vermieden, weil meine
Argumentation darauf hinausläuft, im Begriff "überabzählbar"
folgende Komponenten zu unterscheiden:

  1. Benennbarkeit bzw. Abzählbarkeit
  2. Mächtigkeit
  3. Unendlichkeit

Als Verhältnis zwischen den reellen und den rationalen Zahlen ergibt
sich dann:

 - rationale Zahlen abzählbar, reelle Zahlen hingegen nicht
   (wegen der nicht benennbaren irrationalen Zahlen)
 - unterschiedliche Mächtigkeit (wegen fehlender Bijektion)
 - gleiche Unendlichkeit

Wenn wir den Begriff "überabzählbar" für eine reductio ad absurdum
verwenden, dann lautet diese so:

   Wenn es überabzählbar viele reelle Zahlen gibt, dann folgt als
   logische Konsequenz die Existenz überabzählbar vieler disjunkter
   Intervalle, in denen sich wiederum je abzählbar unendlich viele
   rationale Zahlen befinden. Da das Produkt von "abzählbar"
   und "überabzählbar" als "überabzählbar" gilt, folgt die
   Überabzählbarkeit der rationalen Zahlen.

Dein Versuch eines Auswegs aus diesem Dilemma:

> Eine Menge von paarweise disjunkten Intervallen, die aus mehr als
> einem Punkt bestehen, ist höchstens abzählbar unendlich.


Das kann nicht richtig sein, unabhängig davon, ob es als erwiesen
gilt. Denn wie soll man Intervalle, deren Start- und Endpunkte
beide irrational (und damit nicht-benennbar) sind, abzählen?
Jedes Intervall lässt sich wiederum in beliebig viele Intervalle
aufteilen, wobei wiederum Start- noch Endpunkte möglich sind,

die in keiner abzählbaren Folge enthalten sein können.

Es stellt sich nur die Frage, ob die disjunkten Intervalle die
Mächtigkeit von |R oder von |R2 (oder etwas dazwischen) haben.
Die Menge aller (d.h. nicht nur der disjunkten) Intervalle hat die
Mächtigkeit von |R2, denn zur Darstellung der Intervalle werden
je zwei reelle Zahlen benötigt.

 


"Ist überabzählbar-unendlich mehr als abzählbar-unendlich?" – 2001-07-29

Paul Ebermann:

>> Wenn wir den Begriff "überabzählbar" für eine reductio ad absurdum
>> verwenden, dann lautet diese so:
>>
>>    Wenn es überabzählbar viele reelle Zahlen gibt, dann folgt als
>>    logische Konsequenz die Existenz überabzählbar vieler disjunkter
>>    Intervalle, in denen sich wiederum je abzählbar unendlich viele
>>    rationale Zahlen befinden. Da das Produkt von "abzählbar"
>>    und "überabzählbar" als "überabzählbar" gilt, folgt die
>>    Überabzählbarkeit der rationalen Zahlen.
>
> Wenn du die Existenz einer Menge disjunkter reeller
> Intervalle zeigst, die überabzählbar ist, hast du gewonnen.


Das lässt sich ganz einfach mit Cantors Diagonalprinzip zeigen.

Wenn die Menge disjunkter Intervalle abzählbar wäre, dann müsste
sich eine Folge x1, x2, x3, ... angeben lassen, die alle
Grenzpunkte zwischen je zwei benachbarten Intervallen enthält.
Es lässt sich dann bekanntlich ein neuer Grenzpunkt x angeben,
der verschieden von allen Grenzpunkten xn ist.

Schach matt!

 


"Schach-Matt der Überabzählbarkeit"– 2001-07-30

Die folgende Entgegnung Rainers auf die Widerlegung des Konzepts
"überabzählbar" ist besonders interessant, da sie eins zu eins
auf Cantors Diagonalbeweis angewandt werden kann.

Rainer Rosenthal:

> Als Kiebitz (so nennt man die Zuschauer beim Schachspiel) weiss
> ich, dass Du eine verlorene Stellung hast und erwarte gespannt
> Deinen Zug. D.h. ich erwarte von Dir so etwas wie:
>
>       1. Ich konstruiere eine Menge M aus disjunkten Intervallen,
>           indem ich wie folgt vorgehe: ...
>
>       2. Ich zeige nun, dass M überabzählbar ist. Denn ...
>
> Aber was kommt zu meinem Erstaunen als "Zug"?
>
> > Das lässt sich ganz einfach mit Cantors Diagonalprinzip zeigen.
>
> Wie was? Du sollst doch eine Menge konstruieren!


Mit Verlaub, aber das ist doch eine groteske Forderung, die du
mit genau gleichem Recht Cantor stellen kannst. Jede (direkt)
konstruierbare Menge ist abzählbar.

> Aha, Du machst wohl nur eine etwas weit ausholende Geste, bevor
> Du deinen Zug machst. Na, mal sehen ...
>
> > Wenn die Menge disjunkter Intervalle abzählbar wäre,
>
> halt, halt, was ist denn das? Hier soll ein Spiel gespielt werden,
> das Du nicht ungeschickt mit Schach vergleichst - und dann holst Du
> einfach ein "As aus dem Ärmel"?


Und wie heisst es im Cantorschen Diagonalbeweis:

  "Wenn die Menge der reellen Zahlen abzählbar wäre, ..."

> Dieser Vergleich von mir drängt sich auf, weil Du die Spielregeln
> missachtest und auch noch falsch zu spielen anfängst.
> Statt eine Menge zu konstruieren, erzählst Du plötzlich was von
> einer Super-Menge S, von der kein Mensch je gehört hat und die
> es auch gar nicht gibt:  S = Die Menge disjunkter Intervalle.

Also ist auch Cantor einfach dahergelaufen, erzählt mir nichts
dir nichts von einer "Super-Menge S, von der kein Mensch je gehört
hat und die es auch gar nicht".

> > dann müsste sich eine Folge x1, x2, x3, ... angeben lassen, die
> > alle Grenzpunkte zwischen je zwei benachbarten Intervallen enthält.
>
> Mit Hilfe dieser nichtexistenten Menge S machst Du Dich jetzt an
> die Konstruktion einer Folge reeller Zahlen, ich fasse es kaum und
> schaue dem Spiel gebannt zu.


Cantor macht ja auch nichts anderes.

Und dass eine Folge von n unterschiedlichen reellen Zahlen rn (mit
0 > rn > 1) das Einheitsintervall in genau n+1 disjunkte Intervalle
teilt, solltest du doch auch ohne einen offiziell anerkannten Beweis
(oder ein Axiom) nachvollziehen können, oder etwa nicht?

Wenn wir auch die reelle Zahl 1 in Cantors Liste aufnehmen, dann
repräsentiert jedes Element nicht nur eine Zahl, sondern auch das
Intervall, das von dieser Zahl am oberen Ende begrenzt wird.

(Beim Verlängern der Liste werden die bisherigen Intervalle zwar
kürzer, verschwinden aber genausowenig wie die Zahlen, von denen
sie repräsentiert werden.)

> > Es lässt sich dann bekanntlich ein neuer Grenzpunkt x angeben,
> > der verschieden von allen Grenzpunkten xn ist.
>
> Aha, jetzt hast Du noch mit richtiger Folgerung aus falschen Voraus-
> setzungen eine Zahl  G  gefunden, die von allen Folgegliedern xi
> verschieden ist.


Ob wir die "Super-Menge S, von der kein Mensch je gehört hat und die
es auch gar nicht gibt" als reelle Zahlen, oder als Punkte auffassen,
die das Einheitsintervall zerteilen, spielt doch hier keine Rolle.
Punkte haben ja keine Nachbarn, sondern sind von allen (echten oder
potentiellen) Nachbarn durch (echte) Intervalle getrennt.

>                           Na ja, das ist ja nichts besonderes, denn ich weiss
> ja, dass man die reellen Zahlen nicht abzählen kann. Was ist also
> nun das Aufregende an G?


Was ist denn das Aufregende an Cantors r, das von allen rn seiner
abzählbar unendlichen Folge verschieden ist?

> Nimm doch mal irgendein Intervall, das als Element in dieser merk-
> würdigen Menge S ist. Warum sollte G nicht einfach der Mittelpunkt
> dieses Intervalls sein können? Wegen der DISJUNKTHEIT der
> Intervalle ist dieser Mittelpunkt ja sicher kein Grenzpunkt xn.


Dieser Mittelpunkt hilft mir nicht weiter, weil wir nicht wissen
können, ob dieser Punkt verschieden ist von allen abzählbar
unendlichen Grenzpunkten xn der Liste. Und damit die Menge der
Intervalle als überabzählbar bezeichnet werden kann, muss garantiert
sein, dass der neue Grenzpunkt x mit keinem der xn übereinstimmt.
Denn nur dann haben wir ein neues Intervall.

Ich streite natürlich nicht ab, dass die Menge disjunkter Intervalle
mit rationalen Endpunkten abzählbar ist. Aber dass die Menge der
disjunkten reellen Intervalle (apriori) etwas mit der Menge der
rationalen Zahlen zu tun haben soll, streite ich sehr wohl ab.

Wer den eleganten, einfachen und transparenten Beweis der
Überabzählbarkeit disjunkter Intervalle nicht glauben will, der
soll doch bitte den Beweis ihrer Abzählbarkeit mittels Bijektion
auf N versuchen. Ockhams Messer kann dann entscheiden.

---
PS. Arnold Schiller hat am 29.07.01 mehr als 30 Crosspostings für
     de.sci.philosophie und de.sci.mathematik abgesetzt, was
     zusammengenommen 63 Einzelpostings ergibt. Was ist der

     Grund für dieses Spamming? Meine Vermutung:

   1) Den Ruf der sci-Newsgruppen als Ort seriöser Diskussionen zu
       schädigen.
   2) Sich selber und andere (z.B. solche mit ähnlichen Themen und
       gleicher Crosspostliste) zu diskreditieren. Die Diskreditierung
       Unbeteiligter wird vor allem auch dadurch gefördert, dass viele
       Diskussionsteilnehmer bei ihren Antworten die Namen derer
       herauslöschen, denen sie antworten.
   3) Ablenken von wesentlichen Diskussionsbeiträgen.
   4) Crossposten insgesamt zu diskreditieren.

 


"Schachmatt der Überabzählbarkeit"– 2001-08-02

Horst Krämer:

> "Die Menge disjunkter Intervalle" ist eine unzulässige Spezifikation,
> denn es gibt viele Mengen, die aus paarweise disjunkten Intervallen
> aus R bestehen.


Dann ist auch "die Menge unterschiedlicher reeller Zahlen" eine
unzulässige Spezifikation, denn es gibt viele Mengen, die aus
paarweise unterschiedlichen Zahlen aus R bestehen.

> "Disjunkt" ist [...]

Wenn ich die Intervalle dadurch erzeuge, dass ich das Einheits-
intervall zerteile, dann ist die Diskussion irrelevant, ob man
solche Intervalle als PAARWEISE disjunkt oder (wechselseitig)
disjunkt bezeichnen soll. "Paarweise disjunkt" halte ich für eher
irreführend, da es den von Detlef Müller präsentierten Fall
disjunkter Paare suggerieren kann:

   "Die Intervalle [r-1, r[ und [r, r+1[ sind disjunkt und lassen
   sich nicht abzählen."


> Für welche Menge paarweise disjunkter Intervalle willst Du nun
> zeigen, dass sie überabzählbar ist? Dass dies nicht für jede
> gilt, wissen wir bereits...


Für welche Menge der reellen Zahlen hat Cantor denn gezeigt, dass
sie überabzählbar ist? Dass dies nicht für jede gilt, wissen wir.

Um das Konzept "überabzählbar" zu widerlegen, genügt eine einzige
überabzählbare Menge von Grenzpunkten bzw. Intervallen. Wenn es
DIE Menge der reellen Zahlen (als Vereinigungsmenge aller endlichen
und unendlichen Mengen von reellen Zahlen) gibt, dann gibt es auch
DIE Menge der Grenzpunkte, die das Einheitsintervall in echte
Intervalle aufteilt.

Je mehr Grenzpunkte, desto mehr Intervalle. Die Zusammenführung
einer Aufteilung in n (untereinander) disjunkte Intervalle
mit einer anderen Aufteilung in m (untereinander) disjunkte
Intervalle ergibt eine Aufteilung in bis zu n+m-1 Intervalle. Das
Zusammenführen von z.B.

  M1:  { [0, 0.5], [0.5, 1.0] }
  M2:  { [0, 0.4], [0.4, 0.6], [0.6, 1.0] }

ergibt eine Menge mit 4 Intervallen:

  M3:  { [0, 0.4], [0.4, 0.5], [0.5, 0.6], [0.6, 1.0] }

Wenn wir solche Intervall-Mengen je durch die Menge ihrer oberen
Grenzpunkte darstellen, entspricht der Zusammenführung solcher
Intervall-Mengen die Vereinigungsmenge dieser Grenzpunkte. Obige
drei Intervallmengen lassen sich dann so darstellen:

  M1 = {0.5, 1.0}
  M2 = {0.4, 0,6, 1.0}
  M3 = {0.4, 0.5, 0,6, 1.0} = M1 u M2

> Einen Existenzbeweis kannst Du über die Cantor-Methode nicht
> bewerkstelligen.


Was hindert uns aber daran, die reellen Zahlen von Cantors
Diagonalbeweis-Liste als obere Grenzpunkte von Intervallen
aufzufassen? Wenn Intervalle abzählbar wären, müsste eine
abzählbare Liste doch auf diese Weise möglich sein.

>                    Die Cantor-Methode spricht von einer bestimmten und
> damit beschriebenen Menge, nämlich der eindeutig spezifizierten
> Menge der unendlichen Folgen, die aus 0, 1 (oder aus 0, 1, ..., 9)
> bestehen und weist dann nach, dass diese exakt spezifizierte

> Menge nicht abzählbar ist.

Wenn wir Cantors "bestimmte und damit beschriebene" Menge als
gegeben akzeptieren, dann müssen wir auch all deren Elemente als
gegeben akzeptieren. Und da die Elemente je aus einer Ziffernfolge
bestehen, lassen sie sich ordnen. Also: insofern die Elemente
(d.h. reelle Zahlen bzw. Grenzpunkte zwischen Intervallen) gegeben
sind, sind auch die disjunkten Intervalle zwischen den Elementen
gegeben. (Und insofern die Elemente nicht gegeben sind, ist die
Frage nach Abzählbarkeit dieser Elemente sinnlos.)

Die zwei Ziffernfolgen bzw. Elemente

  a)  0.14956457064057687793231235555...
  b)  0.14956457064057687793231237777...

repräsentieren ein Intervall mit der "Länge"

  0.00000000000000000000000002222...

Weitere unterschiedliche Elemente zwischen a) und b) teilen das
Intervall und erhöhen somit die Anzahl der Intervalle. Das Element

  c)  0.14956457064057687793231236666...

verkürzt obiges Intervall [bezeichnet durch b)] auf

    0.00000000000000000000000001111...

und erzeugt ein neues Intervall derselben "Länge" [bezeichnet

durch c)].

In dem Masse, wie weitere Grenzpunkte (d.h. reelle Zahlen) zwischen
a) und b) gegeben sind, sind auch entsprechende Intervalle gegeben.

 


"Schachmatt der Überabzählbarkeit"– 2001-08-03

Sönke Müller-Lund:

> Es wurde schon lange bewiesen, dass jede Menge disjunkter Intervalle
> reeller Zahlen höchstens abzählbar ist.


Es braucht schon eine gehörige Portion erkenntnistheoretischer
Naivität, um diesen Beweis als relevant zu erachten. Du hast
anscheinend keine Ahnung, wie man vorgehen muss, um eine Theorie
zu widerlegen.

Hier die Essenz deines Beweises von 28.07.01:

  a)  Die Menge der rationalen Zahlen ist abzählbar-unendlich.
  b)  Die Menge der reellen Zahlen ist überabzählbar.
  c)  Jedes reelle Intervall enthält abzählbar-unendlich viele
       rationale Zahlen.

  Aus a), b) und c) folgt dann: Es kann höchstens abzählbar-unendlich
  viele disjunkte reelle Intervalle geben.

Ich streite sicher nicht ab, dass dem so sein muss, wenn die Theorie
konsistent ist. Dieser Beweis ist sogar Teil meiner Widerlegung. Der
andere Teil ist der Beweis, dass die Menge der möglichen reellen
(sich wechselseitig nicht überschneidenden) Teilintervalle nicht
abzählbar sein kann.

Zur Veranschaulichung: Theorie T gilt offiziell als konsistent.
Jemand widerlegt die Theorie dadurch, dass er 7x7=50 aus T ableitet
und zeigt, dass andererseits auch 7x7=49 gilt. Wäre es in so einem
Fall nicht geradezu grotesk, die Widerlegung von T mit dem Argument
widerlegen zu wollen, dass 7x7=49 falsch sein muss, weil aus T
7x7=50 folgt?

>> Um das Konzept "überabzählbar" zu widerlegen,
>
> "überabzählbar" ist einen Eigenschaft, kein Konzept.
> Außerdem: Wolltest Du nicht die Überabzählbarkeit zeigen?


Nochmals: Ich führe den Begriff "überabzählbar" ad absurdum, indem
ich zeige, dass sich ein beliebiges Intervall in überabzählbar viele
echte Intervalle teilen lässt.

> Du betrachtest nun die "Grenzmenge" M, die dadurch entsteht, dass

> alle Mengen disjunkter Intervalle auf diese Art "vereinigt" werden.
>
> Leider fehlt in diesem "Beweis" der Nachweis, dass M überabzählbar
> viele "echte", d.h. keine einpunktigen Intervalle enthält. In
> Wahrheit enthält M überhaupt kein Intervall mehr. Beweis:
>
> Sei [a,b] ein Intervall aus M mit a < b. Nach obiger Konstruktion gibt
> es eine Menge M0 disjunkter Intervalle, die das Intervall [a,c] enthält
> mit c:=(a+b)/2, d.h. es gilt a < c < b. Nach Konstruktion von M wird
> [a,b] zerlegt in [a,c] und [c,b]. [a,b] kann also nicht in M sein und
> somit überhaupt kein Intervall.
>
> Damit hast Du gezeigt: M = IR, d.h. M ist tatsächlich überabzählbar.

Sehr interessant! Zuerst bezeichnest du das Argument, "die Menge
disjunkter Intervalle" sei ähnlich spezifiziert wie "die Menge
unterschiedlicher reeller Zahlen" als "infantil", und ein paar
Absätze weiter nimmst du es dann doch ernst.

Janosch Zwerensky hat es so formuliert:

  "Klar kannst Du R in eine auf natürliche Weise geordnete Menge
  disjunkter einpunktiger Intervalle zerlegen, wenn Du magst...".

Soll das etwas heissen, es ergeben sich "Punkte" ala

  Vorgänger (1) = 0.999...9
            1             = 1.000...0
  Nachfolger(1) = 1.000...1

mit somit auch "einpunktige Intervalle"

  ] Vorgänger(1), 1  ]
  ] 1, Nachfolger(1) ]

> Hier müsstest Du eigentlich merken, dass die Länge [der Intervalle]
> gegen 0 strebt und somit deine Intervalle nichts mehr Wert sind.


Zur Wiederholung (aus meinen Postings vom 26. und 28. Juli):

  Für zwei Punkte gibt es nur zwei Möglichkeiten: entweder sie fallen
  zusammen, oder sie sind durch ein [echtes] Intervall getrennt. Oder
  ist irgendjemand in der Lage, wenigstens ein einziges Paar zweier
  benachbarter (aber unterscheidbarer) Punkte zu benennen oder zu
  beschreiben, die nicht durch ein [echtes] Intervall getrennt sind?

  Sofern man nicht bestreitet, dass Punkte ausdehnungslos sind, gilt
  auch immer, dass man durch Vereinigung von Punkten niemals ein
  (echtes) Intervall erzeugen kann. Der Glaube, Intervalle würden

  sich aus Punkten zusammensetzen, beruht auf einer

  Kategorienvermengung.

 


"Nebenkriegsschauplätze"– 2001-08-06

Auf die eigentliche Diskussion werde ich in den nächsten Tagen
eingehen. Hier primär Polemik (auch gegen die moderne Physik):

Horst Krämer:

> Was die mysteriöse "Kategorienvermengung" betrifft: Alle Leser
> dieses Forums ausser Dir sprechen von "reellen Zahlen" und nicht von
> (ausdehnungslosen) Punkten. Es ist in der Mathematik nicht definiert,
> was ein Punkt ist. Es steht Dir natürlich frei, Zahlen "Punkte" zu
> nennen. In der Mathematik ist ein "Intervall" eine Menge von Zahlen
> und nicht ein Gebilde, mit einer esoterischen Beziehung zu "Punkten".


Man darf die historische Entwicklung nicht einfach ignorieren. Die
reellen Zahlen und Begriffe wie "Quadrieren" und "Wurzelziehen"
sind bei der Beschäftigung mit Geometrie entstanden. Dass Wurzel 2
irrational ist, wussten die alten Griechen auch ohne Kenntnis der
"Begründung" der reellen Zahlen durch die Mengenlehre.

Schon überwundene Standpunkte, die zu alt-bekannten Paradoxien
führen, feiern nicht nur wieder fröhliche Urständ, sondern
beanspruchen sogar Priorität (d.h. grössere Fundamentalität)
gegenüber den innerhalb der anschaulichen Vernunft siegreichen
Standpunkten.

Der Prozess, bei dem solche schon als unhaltbar erkannten
Standpunkte wie z.B. die Diskretheit des Raums ("Planck-Länge")
wiederauferstanden, kann als Theologisierung von Mathematik und
Physik bezeichnet werden. (Der grösste Theologisierungsschub
in der Physik dürfte Heisenberg zu verdanken sein).

"Theologisierung" deshalb, weil die Immunisierungsstrategien
gegenüber logischen (d.h. vernünftigen, synthetisch-apriorischen)
Einwänden exakt dieselben sind, wie die Immunisierungsstrategien
der mittelalterlichen Theologie. Aus Maximen wie

 - Man kann/darf sich Gott, Engelsscharen usw. nicht konkret
   vorstellen.
 - Die Vernunft ist unzureichend, um die theologischen Dogmen
   zu beurteilen.

wurden

 - Man kann/darf sich von den Entitäten (z.B. den virtuellen
   Teilchen) und den Erklärungen (z.B. der elektrostatischen
   Anziehung) der modernen Quantentheorien keine konkreten
   Vorstellungen machen.
 - Die Widersprüche, die wir in der modernen Physik zu erkennen
   glauben, sind nur scheinbar und zeigen, dass die (anschauliche)
   Vernunft nicht ausreicht, die tiefe Wahrheit dieser Wissenschaft
   zu erfassen.

Wie sehr die moderne Physik den Bezug zur Realität verloren und sich
der mittelalterlich-theologischen Tradition angenähert hat, ist auch
im Physik-Faq ersichtlich. Siehe dazu Posting von Dierck Hillman.

Siehe auch mein Posting: "The language of physics"

> Es trägt wenig zur Wahrheitsfindung bei, wenn Du in jeder Message
> "Nebenkriegsschauplätze" eröffnest, ...


Wenn du wüsstest, wie viele potentielle "Nebenkriegsschauplätze"

ich nicht eröffnet habe!

> aber nie auf den sachlichen Gehalt eingehst.

Ich versuche, die Diskussion meinerseits nicht zu verzetteln, und
antworte deshalb nicht auf alles. Ich bin mir aber keines einzigen
auch nur halbwegs überzeugenden Arguments bewusst, auf das ich
nicht eingegangen bin. Ein typisches nicht überzeugendes Argument,
auf das ich im Normalfall eher nicht direkt eingehen würde, ist
das folgende:

> Es gibt übrigens eine ganz interessante Plausibilitätsbetrachtung,
> die einsichtig machen könnte, dass man das Intervall [0,1] nicht in
> überabzählbar viele Intervalle mit Länge >0 zerlegen kann.
> Man kann die Intervalllängen nach Grösse gruppieren. Eine
> Intervalllänge kann zwischen 1/2 und 1 liegen oder zwischen 1/4
> und 1/2 und etc. Dies sind abzählbar viele Gruppen und jedes
> Intervall gehört zu einer dieser Gruppen, wenn es eine Länge >= hat.
> Wenn es überabzählbar viele Intervalle gibt, muss es eine
> Längengruppe geben, zu der unendlich viele dieser Intervalle gehören
> (sogar überabzählbar viele), denn wenn es zu jeder Längengruppe nur
> endlich viele Intervalle gäbe, wären es ja nur abzählbar viele
> Intervalle. Es gibt also eine Längengruppe, so dass unendlich viele
> dieser Intervalle eine Länge >= 1/2^n für ein gewisses n haben.
> Fazit: Es gibt dann unendlich viele paarweise disjunkte Intervalle im
> Intervall [0,1], die alle eine Länge >= 1/2^n für ein gewisses
> festes n haben. Wie ist dies damit zu vereinbaren, dass die
> Gesamtlänge des Intervalls, aus dem diese p.d. Intervalle stammen,

> 1 ist?

Das Argument lässt sich einfach entkräften, z.B. mit folgender
Grenzpunktfolge: 1, 0.1, 0.01, 0.001, 0.0001, ... Die Meinung,
dass das nur endlich viele Intervalle sind, weil irgendwann das
Restintervall 0.000... die Ausdehnung einer reellen Zahl annimmt
und danach nicht mehr weiter geteilt werden kann, vertrittst du
wohl nicht.

> Aber dies wirst Du natürlich nicht akzeptieren, da ja meine
> Betrachtung von der Konsistenz des Begriffs abhängt, die du ja
> gerade widerlegt zu haben glaubst.


Ein in jeder Hinsicht deplatzierter Kommentar.

Als beinahe perfid empfinde ich folgende Bemerkung von Sönke
Müller-Lund
(ich bin da wahrscheinlich aber auch etwas

überempfindlich):

| Auch die von uns verwendete Theorie "Standardmathematik" ist

| (auch wenn ich jetzt Öl ins Feuer gieße) auch nicht widerspruchsfrei,
| da man auch hier 7*7=50 "beweisen" kann, wenn man das Teilen
| durch 0 zulässt. Deshalb ist ja das Teilen durch 0 nicht zugelassen.


Der Zweck dürfte hier nämlich sein, meine Position mit absurden
Positionen anderer in Beziehung zu bringen.

Auch die letzten Kommentare in Sönkes Posting sind meines Erachtens
insofern irreführend, als jemand, der nur schnell liest (und damit
das zitierte Material mehr oder weniger ignoriert), den Eindruck
bekommt, ich würde die Meinung vertreten, reelle Zahlen hätten
Vorgänger und Nachfolger:

| Mit anderen Worten: Du kannst von keiner reellen Zahl Vorgänger
| und Nachfolger bilden. Sie existieren nicht!
|...
| Es gibt keine benachbarten reellen Zahlen.
|...
| Das hatten wir schon mal, es ist falsch und wird auch dadurch nicht
| richtig, wenn man die Behauptung wiederholt.


Es gäbe sicher Beispiele, die das was ich hier sagen will, besser
illustrieren. Ich selber habe z.B. über längere Zeit in "Existieren
unendliche Mengen" oberflächlich teilweise mitgelesen, und bekam
den Eindruck, dass dort der Kritiker der Mengenlehre (d.h. Dieter
Jungmann) der Inkonsistenz überführt wurde. Als ich jedoch später
Teile der Diskussion genau las, war ich von der scharfen und
konsistenten Logik Dieters (nicht zu verwechseln mit dem Sex-shop-
Webmaster vom Pi-Thread) geradezu beeindruckt.


Das Problem beim Kritisieren von Theorien besteht darin, dass man
etwas Falsches zeigen muss. Wenn man dabei nicht extrem aufpasst,
ist es für die andere Seite sehr leicht, einem das Falsche selber
in den Mund zu legen. Nehmen wir an, jemand widerlegt eine These
dadurch, dass er aufzeigt, dass aus ihr die Identität von plus
unendlich und minus unendlich folgt. In einer Entgegnung kann
das Ganze dann nur mehr so aussehen:

   |> ...
   |> Und somit haben wir:  -oo = +oo    [oo als unendlich]
   |
   | Auch hier liegst du offensichtlich wieder völlig daneben.


Wenn so eine Entgegnung zudem von einem respektierten Forums-
teilnehmer stammt, dann bekommen oberflächliche Mitleser leicht
den falschen Eindruck, der Kritiker habe keine Ahnung.

 


"Schachmatt der Überabzählbarkeit"– 2001-08-07

Dieter Jungmann:

| Mit der Cantor-Methode könnte man auch beweisen, dass die Menge
| der natürlichen Zahlen überabzählbar ist. Man müsste die Diagonale
| nur von rechts oben nach links unten ziehen, damit sie gegebenenfalls
| nicht ins Leere greift sondern voreilende Nullen erfasst, wie
| sie bei den reellen Zahlen des Einheitsintervalls nacheilende
| Nullen erfasst, denen keine andere Ziffer mehr folgt.

Genial!

Die natürlichen Zahlen in Binärschreibweise aufsteigend angeordnet:

  1)  ...000000001
  2)  ...000000010
  3)  ...000000011
  4)  ...000000100
  5)  ...000000101
  ...

Mit der Cantor-Methode schafft man eine neue Cantor-Zahl c), die
sich an der 1. Stelle (von rechts) von 1), an der 2. Stelle von 2)
an der 3. von 3) usw. unterscheidet (durch Austauschen von "0"
und "1"). Es ergibt sich

  c)  ...111111100

Egal wie wir die natürlichen Zahlen anordnen, es findet sich
mit Cantors Methode immer eine neue Zahl, die in der Anordnung
nicht aufscheint. Dass diese Zahl unendlich ist, ist bei der
Unendlichkeit der natürlichen Zahlen nicht weiter erstaunlich.
(Sofern wir uns nur mit ins Unendliche erweiterbaren endlichen
Mengen beschäftigen, wird die unendliche Anzahl führender "1"
nicht benötigt).

Somit wäre also entweder die Überabzählbarkeit von |N bewiesen,
oder Cantors Konzept "überzählbar" widerlegt. Nur ist halt die
Frage, ob etwas Beweis bzw. Widerlegung ist oder nicht, primär
Glaubenssache.

Horst Krämer:

> Es kann keine Menge von p.d. Teilintervallen von [0,1) mit rationalen
> Endpunkten und mit Länge>0 geben, in der jede rationale Zahl als
> Endpunkt eines Intervalls vorkommt. Betrachte ein beliebiges Intervall
> I0=[a,b) aus dieser Menge. Da nach Voraussetzung jede rationale Zahl
> als Endpunkt eines der Intervalls vorkommen soll, muss auch die
> rationale Zahl (a+b)/2 als Endpunkt eines Intervalls I1 vorkommen. Da
> I0 und I1 nicht disjunkt sind, haben wir bereits einen Widerspruch.


Das Intervall I0 verschwindet nicht, sondern wird nur verkürzt, denn
es genügt, ein Intervall durch EINEN Grenzpunkt zu benennen. Anstatt
des Intervalls mit dem oberen Grenzpunkt b haben wir zwei Intervalle
mit den oberen Grenzpunkten (a+b)/2 und b.

Zudem lässt sich mit analoger Argumentation auch die Existenz DER
Menge der rationalen Zahlen bestreiten:

  Rationale Zahlen lassen sich der Grösse nach ordnen. Da nach
  Voraussetzung jede rationale Zahl vorkommen soll, gibt es zu einem
  beliebigen a auch ein b, das a der Grösse nach folgt. Somit muss
  auch die rationale Zahl (a+b)/2 entgegen der Voraussetzung ein
  Element der Menge sein.

Ich weiss, dass man diese Argumentation mit dem Hinweis übergeht,
dass rationale Zahlen offensichtlich keine Nachbarn haben. Aber
warum haben die Elemente von |Q keine Nachbarn, obwohl sie sich der
Grösse nach ordnen lassen? - Ganz einfach: Weil die Elemente eben
nicht allesamt (aktual) gegeben sind!

 


"Mengen & offene/geschlossene Intervalle"– 2001-08-08

Die Meinung, echte Intervalle wie z.B. [0,1] würden sich aus
"einpunktigen Intervallen" bzw. reellen Zahlen zusammensetzen, ist
Grundprinzip der Mathematik, die heutzutage als Standard gilt.

Ein wesentlicher (psychologischer) Grund dafür, dass das
Problematische an "echtes Intervall setzt sich aus diskreten
Objekten zusammen" nicht zur Kenntnis genommen wird, liegt an
der Selbstverständlichkeit, mit der wir mit offenen Intervallen
zu hantieren gelernt haben.

Wenn Zahlen auf der reellen Zahlengerade keine Ausdehnung haben,
dann sind die Intervalle [0, 1] und  ]0, 1[  identisch, denn
die Frage, ob die Grenzpunkte zum Intervall gehören oder nicht,
ist genauso irrelevant wie die Frage, zu welchem Land die
dazwischenliegende Grenzlinie gehört.

Insofern man unter "Intervall" Zahlenmengen (d.h. Mengen von
diskreten Objekten) versteht, macht die Unterscheidung in
offene, halb-offene und geschlossene Intervalle natürlich
Sinn. Hier ein halboffenes Intervall natürlicher Zahlen:

   [3, 7[  =  {3, 4, 5, 6}

Die Unterscheidung macht auch Sinn bei den rationalen Zahlen

   ]1, 2]  =  {2/1, 3/2, 4/3, 5/3, 5/4, 7/4, ...}
   [1, 2[  =  {1/1, 3/2, 4/3, 5/3, 5/4, 7/4, ...}

und bei implementierten reellen Zahlen der Informatik. Der
Zahlenwert '2.0' des Datentyps REAL einer Programmiersprache
hat Ausdehnung und wird von zwei klar definierten Nachbarn
begrenzt. In diesem Fall ist die Frage offensichtlich
bedeutsam, ob wir die von '2.0' repräsentierten reellen
Zahlenwerte (z.B. von 1.999995 bis 2.000005) einem Intervall,
das von diesem '2.0' begrenzt wird, zusprechen oder nicht.
Die zwei Fälle mögen dann so aussehen:

  offenes oberes Ende:   <  '2.0'   entspricht   <  1.999995
  geschlossenes  Ende:   <= '2.0'   entspricht   <= 2.000005

Bei der reellen Zahlengerade handelt sich nicht mehr um eine
Menge diskreter Objekte, sondern um ein (1-dimensionales)
Kontinuum, auf dem wir uns beliebig viele benennbare und nicht
benennbare (0-dimensionale) Punkte bzw. Zahlen vorstellen können.

Das Intervall [1, 2] der rationalen Zahlen ist eine (potentiell)
unendliche Menge benennbarer und somit abzählbarer DISKRETER
Objekte und wird nur in einem übertragenen Sinne als Intervall
bezeichnet.

Hingegen kann das reelle Intervall [1, 2] nur in einem
übertragenen Sinne als Menge diskreter Objekte bezeichnet
werden, denn diskrete Objekte sind nur mehr als ausdehnungslose
Ortsbezeichnungen auf einem ausgedehnten Kontinuum gegeben,

und ein Kontinuum setzt sich eben nicht so aus diskreten Einheiten
zusammen, wie z.B. die Menge der rationalen Zahlen aus eben
diesen Zahlen.

Die Unterscheidung in offene und geschlossene Intervalle macht
aber auch beim reellen Kontinuum Sinn, wie die Funktion

   f(x) = 1 / (1 - x^2)

zeigt. Die Funktion ist im Intervall  ]-1, 1[ , nicht jedoch
im Intervall [-1, 1] definiert, da die Funktionswerte gegen
unendlich streben, wenn x sich den Endpunkten des Intervalls
nähert.

Das heisst, je grössere Werte wir als Funktionswerte zulassen,
desto mehr kann sich das Intervall zu den zwei Grenzpunkten
hin ausdehnen. Wenn wir unendlich im Sinne von "ohne Ende"
interpretieren, dann können wir den Funktionswert f(x) beliebig
gross werden lassen, aber der Abstand von x von einem

Grenzpunkt bleibt immer ein echtes Intervall.

Es scheint, dass alle anderen Diskussionsteilnehmer inklusive
Dieter (dieser aber mit Vorbehalten) der Meinung sind, dass man
durch einen "Grenzübergang" beim Zerlegen eines echten Intervalls
zwar eine überabzählbare Menge disjunkter Intervalle erhält,
dass diese Intervalle aber einpunktig und somit mit den reellen
Zahlen identisch sind.

Da beim Zerlegen von Intervallen immer benachbarte Intervalle
entstehen, würde folgen, dass reelle Zahlen von Nachbarn begrenzt
sein müssen, auch wenn solche Nachbarn sich nur insofern benennen
liessen, als sie oberer oder unterer Nachbar einer benennbaren
reellen Zahl wären.

Zusammenfassung:

Meines Erachtens ist das Konzept |R ein leicht widersprüchliches
Gemisch von geometrischen (z.B. Intervalle als Kontinua) und
mengentheoretischen Konzepten (z.B. Zusammensetzung aus diskreten
Einheiten).

 


"Mengen & offene/geschlossene Intervalle"– 2001-08-10

Horst Krämer:

> > Es scheint, dass alle anderen Diskussionsteilnehmer inklusive
> > Dieter (dieser aber mit Vorbehalten) der Meinung sind, dass man
> > durch einen "Grenzübergang" beim Zerlegen eines echten Intervalls
> > zwar eine überabzählbare Menge disjunkter Intervalle erhält,
> > dass diese Intervalle aber einpunktig und somit mit den reellen
> > Zahlen identisch sind.
>
> Das Problem ist zunächst, dass überhaupt nicht klar ist, was in
> diesem Falle unter "Grenzübergang" verstanden werden soll.


Egal was damit gemeint ist, ohne so einen ominösen "Grenzübergang"
erreicht eine Grenzwertfolge weder den Grenzwert, noch lassen sich
echte Intervalle in einpunktige Intervalle zerlegen.

> Wenn Du Beispielsweise nach folgendem Modell vorgehst: Man

> beginne mit dem Intervall [0,1]. Im ersten Schritt nehme man die

> Intervallgrenze 1/2 hinzu, im zweiten und in jedem folgenden füge

> man jeweils in der Mitte jedes entstehenden Teilintervalls eine neue

> Intervallgrenze ein, etc., Da man nun im Voraus bestimmten kann,

> welche Intervallgrenzen im k. Schritt einzusetzen sind, könnte man

> sich vorstellen, dass man alle diese Schritte für alle natürlichen k

> gleichzeitig durchführt. Damit hat man insgesamt abzählbar viele

> "intervallgrenzen" hinzugefügt, und zwar alle Zahlen, die sich in

> einer Form m/2^n schreiben lassen, wobei n eine natürliche

> Zahl >0 und m eine natürliche Zahl mit 0<=m<=2^n ist. Diese

> Zahlenmenge nenne ich "das Bineargitter von [0,1]". Weiter durch

> Mittelung unterteilen kann ich nicht, da bereits alle möglichen

> "Mittelungswerte" verbraucht sind.
>
> Wenn wir der Meinung sind, dieser Prozess hätte jetzt irgendetwas

> in Form einer Ansammlung von bis auf die Grenzen paarweise

> disjunkter Intervall produziert, müssten wir fragen, was das sein

> könnte. Nehmen wir als eine beliebige reelle Zahl, z.B. 1/3, die nicht

> zu, Bineargitter gehört. In welchem potentiellen "Intervall" liegt

> diese nach dem "Grenzübergang"?
>
> Wenn wir uns auf 1/3 stellen und die Teilung Schritt für Schritt
> verfolgen, liegt 1/3 zuerst im Teilintervall [0,1], im zweiten im
> Teilintervall [0,1/2], im dritten im Teilintervall [1/4,1/2] etc. D.h.
> das 1/3 enthaltende Teilintervall wird bei jeden Schritt "um 1/3
> herum" auf die Hälfte gekürzt, indem rechts oder links ein neuer
> Zaunpfahl eingepflanzt wird, ohne dass einer dieser Zaunpfähle
> jemals x persönlich trifft.


Das ist die altbekannte Grenzwertproblematik. Wenn wir nur die
Zaunpfähle bzw. Punkte links vom Zielpunkt 1/3 betrachten, dann
starten wir mit 0, erhöhen um 1/4, weiter um 1/16, um 1/64 ...
Der Abstand zum Zielpunkt reduziert sich mit jedem Schritt auf 1/4.

Es hindert uns nichts, diesen Vorgang mit "Vergrösserungsglas" zu
beobachten, wobei wir mit jedem Schritt die Vergrösserung um den
Faktor vier erhöhen. Somit bleibt der beobachtete Abstand eines
jeden neuen Punkts zum Zielpunkt immer konstant, und das Faktum,
dass der Grenzpunkt x = 1/3 durch eine unüberbrückbare Kluft von
den Punkten der (auf 1/4 basierenden) Folge getrennt bleibt, wird
besonders offensichtlich.

> Welches "Intervall" könnte man jetzt als dasjenige bezeichnen,

> das x "an der Grenze" enthält?

Wenn es um die Frage geht, in wie viele echte Intervalle mit
reellen oder nur rationalen Endpunkten sich das Einheits-
intervall zerlegen lässt, ist das Problem dadurch gelöst, dass
das Einheitsintervall auch am Punkt 1/3 geteilt werden kann.

>                                                 Eine andere Zahl y ausser x könnte
> dieses "Intervall" nicht enthalten, denn wenn z.B.  x<y ist, gibt

> es nachweislich eine Zahl aus dem Bineargitter, die zwischen

> x und y liegt - x und y werden also garantiert bei irgendeinem

> (sogar berechenbaren) Schritt #k separiert, so dass sie sich in
> verschiedenen, im Schritt #k entstandenen Teilintervallen befinden.


Diese Überlegung gilt nicht nur für x = 1/3 sondern für alle
reellen Zahlen, die nicht zum "Bineargitter" gehören (d.h. für
alle Zahlen die sich nicht in der Form m/2^n) schreiben lassen.
Das sind insbesondere auch alle irrationalen Zahlen.

> Wenn man also jenes durch den Prozess motivierte "Grenzintervall"
> sucht, das 1/3 enthält, stellt man fest, dass es ein Intervall sein
> muss, das als einzige Zahl 1/3 enthält. Wie jetzt die potentiellen
> "Grenzpunkte" dieses Intervalls aussehen könnten, sei jetzt Dir
> überlassen. Was ist Deine Meinung zu diesem Fall?


Was du hier als "'Grenzpunkte' des Intervalls mit der einzigen
Zahl 1/3" bezeichnest, ist im Wesentlichen eine Umschreibung
von "Nachbarn von 1/3".

Meine Meinung ist ganz einfach: das Intervall um den Punkt 1/3
bleibt immer ein echtes Intervall (Vergrösserungsglas-Argument).
Somit bleibe ich auch davon überzeugt, dass gemäss Cantors
Diagonalprinzip-Definition das Einheitsintervall sich aus einer
überabzählbaren Menge echter Intervalle mit reellen Grenzpunkten
zusammensetzt.

> Ich wollte damit nicht behaupten, dass das "Resultat" dieses Prozesses
> die Menge aller Einpunktintervalle [x] für sämtliche reellen Zahlen
> aus [0,1] ist, sondern nur, dass man ihm eigentlich kein anderes
> Resultat zuordnen kann, wenn man ihm denn ein Resultat zuordnen
> will.


Insofern man die Argumentation zulässt, dass Intervalle sich
mittels Grenzübergang auf Punkte zusammenziehen, ergibt sich
genau dieses "Resultat": Auch die Zahlen, die ursprünglich als
nicht zum (abzählbar unendlichen) Bineargitter gehörig definiert
wurden, gehören dazu. (Dieter lässt grüssen!)

> Die blinde Folgerung, dass das "Endresultat" eines unendlichen
> Prozesses, ...


Dass sich beim Spekulieren über das "Endresultat" eines endlosen
Prozesses Willkür einschleicht und Widersprüche kaum vermeidbar
sind, ist wenig erstaunlich.

---
Mathematik ohne Formalismus ist lahm, Mathematik ohne Anschauung

blind (frei nach Immanuel Kant)

 


"Nebenkriegsschauplätze"– 2001-08-19

Ein weiterer Poster, an dessen Seriosität ich inzwischen gewisse
Zweifel habe, ist Dieter Jungmann (dsm). Seit ich im Vorvorgänger
dieses Postings seine "scharfe und konsistente Logik" gelobt habe,
scheinen mir seine Postings immer inkonsistenter, ja sogar absurd

zu werden (was kaum zur Gänze auf selektive Wahrnehmung

meinerseits zurückzuführen sein dürfte).

In diesem Lichte bekommt auch das Faktum eine neue Dimension,
dass Dieter "mein" "Schachmatt der Überabzählbarkeit" [6] eher
untergraben denn gestützt hat.

Dieter Jungmann in Posting:

| Ich mache einen Vorschlag. Wir beschränken uns auf das Einheits-
| intervall [0,1]. Es enthält abzählbare Mengen A, B, C, D, ... von
| paarweise disjunkten Intervallen. Es gibt überabzählbar viele
| solcher Mengen. Über diese Voraussetzungen herrscht offensichtlich
| Einigkeit.
|
| Wolfgang meint, wenn ich ihn richtig verstehe, folgendes:
| Einige der Intervalle z. B. der Mengen A und B überschneiden sich.
| Wir bilden die Durchschnitte dieser Intervalle und fassen sie mit
| den evtl. verbleibenden Differenzintervallen zur neuen Menge X
| zusammen. X enthält nur paarweise disjunkte Intervalle.
|
| Bildet man nun von allen überabzählbar vielen Mengen disjunkter
| Intervalle die Durchschnitts- und ggf. Differenzintervalle und fasst
| sie zu einer Menge Gr zusammen, erhält man die gesuchte Menge
| paarweise disjunkter Intervalle. Diese sind aber zu Punkten
| "entartet" und somit keine Intervalle mehr. Die gesuchte Menge
| ist identisch mit der Menge der reellen Zahlen des Einheitsintervalls.
| Sie ist daher nicht geeignet, den beabsichtigten Beweis zu liefern,
| dass es überabzählbar viele rationale Zahlen geben muss, [...]

Ich halte das auch deshalb für bemerkenswert, weil es dem
widerspricht, was Dieter nicht nur im selben sondern auch in
seinem allerersten Posting "Widersprüche der Mengenlehre" von
sich gegeben hat:

  "Es sind keine zwei irrationalen Zahlen bekannt, die so dicht
  beieinander liegen, dass nicht noch beliebig viele rationale
  Zahlen dazwischen Platz hätten. Dies dürfte nicht der Fall sein,
  wenn die Behauptung zuträfe, dass I [die irrationalen Zahlen]
  dichter ist als Q."


Um mich (und sich selber?) hier zu widerlegen, nimmt Dieter aber an,
dass die zur Cantorisierung aufgelisteten reellen Grenzpunkte (mit
denen das Einheitsintervall zerlegt werden soll) so dicht beieinander
liegen müssen, dass keine anderen Zahlen (ausser vielleicht 1-punktige
Löcher für die durch Cantorisierung neu erzeugbaren Zahlen) mehr
zwischen den aufgelisteten Zahlen bzw. Grenzpunkten möglich sind.

| Der Gedanke hinter Wolfgangs Überlegung ist im Prinzip richtig,
| er würde aber nur dann zu einem unanfechtbaren Beweis führen,
| wenn der Grenzfall kontinuierlich erreichbar wäre. [...]


Davon ist die Überlegung nicht abhängig.

| (Eigentlich hätte er nur irrationale Zahlen als Endpunkte
| verwenden dürfen.)


Der Zweck dieser meines Erachtens völlig unmotivierten Bemerkung
dürfte dann wohl sein, mangelnde Kompetenz meinerseits zu

suggerieren.

 


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